Im Rahmen einer Masterarbeit wurden wir nach Kommunikations-Strategien für Sozialunternehmen und Social Startups gefragt. Die Fragen und unsere Antworten wollen wir Ihnen nicht vorenthalten.
Wie definieren Sie Social Entrepreneurship/ einen Social Entrepreneur/ eine Social Enterprise?
Ein Social Entrepreneur verknüpft unternehmerisches Denken mit einer Innovation (Produkt/Dienstleistung), die einen positiven gesellschaftlichen Mehrwert bedeutet. Ein Blick in die USA zeigt schnell, dass Unternehmen, die mit ihrem Produkt eine gesellschaftliche Veränderung oder ein Umdenken erreichen wollen, wirtschaftlich erfolgreich sein können. Und das auch sein sollen: sie treffen einen Nerv, reagieren auf ein Bedürfnis und haben erkannt, dass es eine Nachfrage nach Produkten gibt, die einen Mehrwert im Sinne eines Anliegens bieten und einen bewussteren Konsum ermöglichen. Unternehmerische Ziele wie Umsatzsteigerung oder Wachstum mit einem sozialen Anliegen zu verknüpfen ist ein Ansatz, der in Deutschland unserer Meinung nach immer noch recht kritisch beäugt wird. Es hat einen Beigeschmack, mit „Gutem“ Geld zu verdienen. Da aber viele Social Entrepreneurs wirklich innovative Geschäftsideen entwickeln und auch an den Hochschulen und darüber hinaus eine Generation von mutigen Köpfen mit guten Ideen in den Startlöchern steht, wird hier in den kommenden Jahren sicher noch ein großes Potenzial freigesetzt werden.
Wie kam es zu Ihrer Mitarbeit bei Social Startups.de?
Wir haben in unserer Tätigkeit als Kommunikationsberater in der Vergangenheit wiederholt mit Startups zusammengearbeitet. Bei einigen war die Grenze zum Social Startup fließend und mit der konkreten Arbeit wuchs bei uns das Bewusstsein, dass in Deutschland noch immer viel zu wenig über diese spezielle Form des Unternehmertums geredet wird. Startups treffen auf eine gute Infrastruktur mit Fördermöglichkeiten und Beratungsangeboten, die sozial motivierten Geschäftsideen haben aber eine noch breitere Plattform verdient, um wirkungsvoll zu werden. Und an diesem Punkt hatten wir das Vergnügen die Köpfe hinter Social Startups.de kennenzulernen und haben uns gefreut, uns mit unsrer (Text-) Expertise einbringen zu können.
Wie unterscheidet sich die Kommunikation (Strategie, Instrumente, etc.) von Sozialunternehmen/Social Enterprises von der bei klassischen Unternehmen bzw. reinen Non-Profit Organisationen?
Der größte Unterschied liegt wohl in der Zielsetzung. Ein Sozialunternehmen verfolgt im Gegensatz zur Non-Profit-Organisation auch unternehmerische Ziele, während es andererseits im Gegensatz zum „normalen“ Unternehmen auch „philanthropische“ Ziele verfolgt. Um die entsprechenden Zielgruppen zu erreichen, greifen hier die gängigen Instrumente des Marketings und der PR. Mit dem Vorteil, dass ein Sozialunternehmen mit seiner Idee eine gute Geschichte liefert, um die herum die Kommunikation aufgebaut werden kann. Aber eben auch mit dem Nachteil, dass die Verknüpfung wirtschaftlichen Denkens mit einem sozialen Anliegen zu schnell mit Vorurteilen bedacht wird. In der Strategie ist es hier sinnvoll genau zu überlegen, welche Kanäle passen und sich so ein Netzwerk aufzubauen, das die Zielgruppen erreicht, aber auch zur Philosophie passt. Für den Non-Profit-Bereich können grundsätzlich die gleichen Instrumente eingesetzt werden, etwa um Multiplikatoren zu erreichen oder das Anliegen einer breiteren Masse zu kommunizieren. Warum dies so wenig geschieht, liegt sicher daran, dass den gemeinnützigen Organisationen oftmals der Zugang zu professionellen Dienstleistungen fehlt, etwa mangels Budget, oder weil es gewisse Berührungsängste gibt – oftmals ist ja nicht ganz klar, welche Möglichkeiten eine professionelle Kommunikation gerade auch im Non-Profit-Bereich bieten kann, und dass eine, nennen wir es Kommerzialisierung der Kommunikationsstrategie, keinen Verrat an den Organisationszielen bedeuten muss.
Worauf sollten Social Entrepreneurs/ Social Enterprises generell bei der Kommunikation/ Verbreitung ihrer Message(s) achten?
Auch wenn der Begriff in der Kommunikation etwas strapaziert wird: Authentizität. Social Entrepreneurs sollten mitunter einen Schritt zurück treten von dem, was man alles an Geschichten und Botschaften im Kopf hat, sondern ganz genau schauen, was die spezifischen Zielgruppen anspricht, interessiert, was als Impuls gebraucht wird, um etwa eine Kaufentscheidung zu fällen oder sich zu engagieren. Und dann muss der Spagat geschafft werden, die daraus resultierende thematische Schnittmenge in stimmige, sprich authentische, Botschaften zu fassen. Ganz allgemein gilt in der Kommunikation, dass nicht immer alles muss, was kann. Statt sich zu verzetteln und unterschiedliche Kanäle zu bespielen oder beispielsweise in ausgedehnte Social Media Aktivitäten zu verfallen, sollte man sich auch hier genau überlegen: wo erreichen wir unsere Zielgruppen und welche Kanäle sollten wir wählen?
Wo sehen Sie die Chancen und größten Herausforderungen bei der Kommunikation von 'sozialen' Aktivitäten? Wie können diese Herausforderungen umgangen bzw. vermieden werden? Was sind Ihre drei ultimativen Tipps im Hinblick auf die Kommunikation bei Social Enterprises/Social Startups?
Eine der größten Herausforderungen ist es vielleicht, den Schritt zurückzutreten und die Rolle des Adressaten einzunehmen. Wer viel Herzblut und Energie in ein Projekt gesteckt hat, möchte auch so viel wie möglich darüber erzählen und hat den Kopf voller Geschichten. Hier ist es wichtig sich eine Perspektive von außen einzuholen und sich in der Kommunikation zu fragen: An wen richten wir uns und sind unsere Botschaften verständlich? Die beste Empfehlung, die man geben kann, ist sich professionelle Unterstützung zu holen. Das muss nicht mit einem riesigen Budget verbunden sein, es lohnt zu schauen, wen man im Kreis der Unterstützer hat, der ein professionelles Feedback geben kann. Oder zu schauen, wo es ein entsprechendes institutionelles Angebot gibt, oder auch einmal ganz direkt Kommunikationsberater anzusprechen, welche Beratungsmodelle es gibt. Und manchmal reicht ein intensives Treffen, um einen Durchbruch zu erzielen, denn in der eigenen Arbeit am Projekt schleicht sich doch immer auch eine gewisse Betriebsblindheit ein und die wertvolle Wahrnehmung von außen geht verloren.
Und in diesem Zusammenhang auch der Tipp, mit der Kommunikationsplanung nicht bis zum letzten Moment zu warten. Das Schärfen und Zuschneiden von Botschaften kann auch für die Businessplanphase eine wertvolle Unterstützung sein und man sollte darauf achten, sich alle Multiplikatoren und Unterstützer ins Boot zu holen, die man auf dem Weg hin zum Markteintritt trifft. Wer hier die Kommunikation pflegt und beispielsweise einfach mal alle Stakeholder über den aktuellen Stand informiert, kann sich wertvolles Feedback geben lassen. Und zur eigentlichen klassischen Kommunikation: Die beste Idee geht unter, wenn niemand davon weiß. Ein begleitendes Kommunikationskonzept sollte deshalb mitgedacht werden. Und dieses muss gar nicht viel Arbeit und Budget bedeuten, aber man sollte sich die Mühe machen, den besten Weg für die eigne Idee zu finden, um so langfristig effektiver zu kommunizieren.
Und wie bei so vielem gilt: Der Bauch ist ein guter Ratgeber. Es braucht den Mut und die Disziplin getroffene Entscheidungen auch immer wieder zu hinterfragen. Passen Botschaften und Kanäle in der Umsetzung so gut, wie es in der Konzeption aussah? Wo kann etwas gedreht und geschärft werden? Da darf der Bauch schon einmal mitreden.